Dieses Weblog beinhaltet Erfahrungsberichte von meinem Praktikum-Abenteuer in Shanghai, China.

Donnerstag, Oktober 05, 2006

China ist die Blogger-Nation Nr.1

China ist zur Nation Nr.1 der Blogger aufgestiegen. In kurzer Zeit hat sich im Reich der Mitte die lebendigste und grösste Blogosphäre weltweit entwickelt. Laut dem chinesischen Internet Informationszentrum gibt es in China zurzeit 34 Millionen Weblogs, 30mal mehr als vor vier Jahren. Es gibt 7,7 Millionen aktive chinesische Blogger und 75 Millionen der 111 Millionen chinesischen Internetnutzer lesen regelmässig Bokee's. „Bokee“ ist die chinesische Bezeichnung für Weblog und heisst „schlauer Mensch“. Das ist umso erstaunlicher, wenn man beachtet, mit welch harter Zensur die Chinesen zu kämpfen haben. Viele Websites sind in China nicht zugänglich oder werden blockiert, wenn sie sensible politische Themen ansprechen. Nur ein Beispiel: Wikipedia ist gänzlich gesperrt. Und bei anderen Websites werden einzelne heikle Einträge gelöscht.

Der populärste Blog der Welt, erster Platz in der Rangliste von Technorati, stammt von der jungen chinesischen Schauspielerin und Regisseurin Xu Jinglei. Dieser wurde innerhalb eines Jahres schon mehr als 50 Millionen Mal angeklickt. Dabei berichtet sie nur von banalen Dingen. Im Gegensatz dazu berichtet die bekannte Bloggerin Muzimei von erotischen Eskapaden und Massage Milk berichtet kritisch über den Alltag in China.

Die Chinesischen Weblogs zeigen, wie das Internet die streng kontrollierte Medienlandschaft von China verändert hat. Im Prinzip kann jeder Chinese heute seine eigene Geschichte veröffentlichen. Das Internet untergräbt das Medienmonopol der Kommunistischen Partei, auch wenn die meisten Nutzer unkritisches berichten. Die Weblogs spielen eine wichtige Rolle für den freien Meinungsaustausch. Jedoch beweisst "die Tatsache, dass die chinesische Regierung diese Entwicklung blockiert und zensiert, ... , wie weit China noch davon entfernt ist, die freie Meinungsäußerung zu akzeptieren". Sagte der unter dem Namen Michael Anti bekannte Blogger Zhao Jing. Die Blogosphäre steht unter der "strikten Beaufsichtigung der Regierung", wie Cai Wu, Direktor des offiziellen Informationsbüros, bestätigt. Aber die riesige Anzahl von Weblogs ist schwer zu kontrollieren. Anzumerken ist hier, dass China als einziges Land der Welt einen eigenen Internetstandard (IPv9) entwickelt hat und so den ganzen Internetverkehr über ihre zentralen Hub's zwingt, um damit den Internetverkehr besser kontrollieren zu können.

Viele Blogger verändern oder codieren deshalb die Schriftzeichen sensibler Stichworte. Li Xinde etwa, der gegen Korruption kämpft, veröffentlicht seine Berichte gleichzeitig auf 50 verschiedenen Internetseiten. Immer häufiger enthüllen Journalisten die Hintergründe ihrer zensierten Storys im Internet. Die Seiten übernehmen damit bis zu einem gewissen Grad die Rolle der vierten Macht. Doch politische oder soziale Themen, werden selten thematisiert. Auch nicht von den berühmten journalistischen Blogs „Massage Milk“ oder „Dog Daily“. Der weitaus grösste Anteil der Weblogs kommentieren und interpretieren nichts anderes, als die vorgegebenen Inhalte der offiziellen Massenmedien. In China gebe es kein investigativen Journalismus oder engagierte Sozialreportagen, so Guang Qin Zhang von der Hong Kong Baptist University. Die Rolle einer vierten Gewalt bleibe auch im Internet stark unterbesetzt.

Die kommunistische Partei blasst derweilen zum Gegenangriff. Einige Politiker schreiben bereits ihre eigenen Blogs. Die sind allerdings längst nicht so populär wie die banalen Einträge von Schauspielerin Xu Jinglei. Trotzdem werden Weblogs wohl die Gesellschaft in China beeinflussen. Da sie die Gewichtung der öffentlichen Agenda verändern werden.

Basierend auf folgenden Artikel: Faz-Artikel vom 12. Juli 2006, Faz-Artikel vom 5. April 2006, Faz-Artikel vom 22. Dezember 2003, China-Daily-Artikel vom 24. August 2006, Shanghaiist-Artikel vom 5. Mail 2006

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

...und häsch Muzimei scho gläse ??
;-)

05 Oktober, 2006 19:10

 

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